09.11.2012

Fact-Check: Wirrwarr im Parteisteuer-Dschungel

Fact-Check: Wirrwarr im Parteisteuer-Dschungel
Fact-Check: Wirrwarr im Parteisteuer-Dschungel


Bei der sogenannten Parteisteuer handelt es sich um einen festgelegten Betrag, den Mandatare an ihre Partei bzw. Parteiorganisationen abgeben. Dies ist zwar formell freiwillig, tatsächlich sind Mandatare jedoch auf ihre Partei angewiesen. Aufgrund des freien Mandates sind akute Konsequenzen, etwa ein Rauswurf aus dem Parlament, nicht möglich. 

Für SPÖ und ÖVP lässt sich keine pauschale Aussage treffen, wieviel deren Mandatare an Klub und Partei abgeben müssen. Das liegt daran, dass hier mehrere Organisationen finanziell beteiligt werden wollen. So heben neben den Klubs oftmals auch Landes-, Bezirks- und sogar Ortsparteien eine Abgabe von „ihrem“ Nationalratsabgeordnetem ein. Zusätzlich wollen manche Teilorganisationen, etwa die ÖVP-Bünde, ebenfalls finanziell am Gehalt eines Abgeordneten beteiligt werden. Wie kompliziert die Situation bei der SPÖ ist zeigte sich 2010, als einige Nationalratsabgeordnete - unter ihnen etwa Elisabeth Hakel, Erwin Spindelberger und Josef Muchitsch - die Parteisteuer an ihre steirische Landespartei verweigerten (siehe profil.at)

Der Politologe Hubert Sickinger schätzt, dass bei den beiden Großparteien wohl zwischen 12% und 25% des Brutto-Gehalts eingehoben werden. Als durchschnittliche Besteuerung nennt Sickinger vorsichtig 17%. Aktuelle Daten wurden auf Anfrage von "Meine Abgeordneten" weder von SPÖ noch ÖVP bereitgestellt. FPÖ und BZÖ zeigten sich dagegen transparent: Die Freiheitlichen „besteuern“ ihre Mandatare momentan mit 10%, das BZÖ hebt 12% ein. 

Die Grünen verzichten auf eine Parteisteuer, ihre Abgeordneten werden allerdings angehalten, 5% ihres Gehalts für die Unterstützung von Bürgerinitiativen zu verwenden. Das „Team Stronach“ hat sich bislang gegenüber "Meine Abgeordneten" noch nicht zu der Frage geäußert, ob es eine Parteiabgabe einführen wird. 

Parteisteuer als (Schein-)Argument für höhere Bezüge

Laut Sickinger seien Parteifunktionäre bisweilen nicht unfroh über die „Parteisteuer“, da sie ein schlagendes Argument in der Debatte um Politikerbezüge darstellt: „Parteisteuern sind offenkundig auch ein innerparteiliches Schutzschild gegen Kritik an hohen Bezügen. [...] Meist scheint die Parteisteuer als automatischer Abzug bereits auf dem Gehaltszettel des Mandatars auf - ein wirksames Mittel, innerparteilichen Neidern und Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen.“ 

Tatsächlich ist die Parteisteuer jedoch steuerrechtlich absetzbar: Es handelt sich bei ihr um „Aufwendungen oder Ausgaben des Steuerpflichtigen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen“, die laut Einkommenssteuergesetz absetzbar sind. Diese Argumentation ist in der Praxis durchaus schlüssig: Die „freiwillige“ Parteisteuer zu verweigern hätte listenplatztechnische Konsequenzen. 

Parteienfinanzierung durch Parteisteuern 

Die durch Parteisteuer generierten Einnahmen der Parteien wurden bislang nicht ausreichend transparent dokumentiert. Dies soll sich ab 2013 durch das neue Parteiengesetz ändern. Nun werden die „Beiträge von Mandataren“ gesondert und auch für Teilorganisationen offengelegt. Da Parteien und Parlamentsklubs ohnehin massiv gefördert werden, ist Transparenz in diesem Bereich unabdingbar. 

Quelle: 

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